Frühjahr 2012 - Wirtschaftsspionage und soziale Netzwerke - Gefahren und Chancen für regionale Unternehmen

8.03.2012 im Stadtratssaal des Rathauses Landsberg

Referenten:
Alexandra Pollag
Matthias J. Lange

Landsberg – Mit zwei Vorträgen zu aktuellen Wirtschaftsthemen hat der Informationskreis der Wirtschaft (IdW) sein Frühjahrsprogramm eröffnet. Dabei ging es zum einen um die ständig wachsende Gefahr der Wirtschaftsspionage, zum anderen um Chancen und Risiken sozialer Netzwerke im Internet. Vor Vertretern in der Region ansässiger Unternehmen sprachen Alexandra Pollag vom Bayerischen Landesamt für Verfassungsschutz und Social-Media-Experte Matthias Lange auf Einladung von IdW-Sprecher Klaus Schmalholz im Sitzungssaal des Landsberger Stadtrats.
Als Putzkolonne getarnte Industriespione, Mikrofone in der Steckdose oder winzige Kameras, die in Schlüsselanhängern verborgen sind – all das ist nicht etwa einem Agentenfilm entnommen, sondern Alltag. Das gezielte Ausspähen der Betriebsgeheimnisse bayerischer Unternehmen durch fremde Nachrichtendienste ist längst an der Tagesordnung, machte Pollag deutlich. „In Bayern werden hochinnovative Technologien entwickelt“, so die Spionageabwehr-Expertin, und wer das tut, der müsse darauf gefasst sein, dass man ihm sein Wissen abzujagen versucht. „Zwei von drei bayerischen Unternehmern wurden im vergangenen Jahr Opfer von Cyberangriffen, also von bösartiger Schadsoftware“, berichtete Pollag.
Doch Gefahr droht nicht nur in Gestalt von personalisierten e-mails mit scheinbar harmlosen Dateianhängen oder eingeschmuggelten USB-Sticks, die arglos geöffnet werden. Bei unsachgemäßer Entsorgung sensibler Unterlagen können auch Altpapiercontainer wertvolle Informationen für die Konkurrenz enthalten. Höchste Vorsicht ist laut Pollag auf Dienstreisen geboten. Von versteckten Lautsprechern in chinesischen Taxis bis hin zu verwanzten Hotelzimmern reicht die Palette des großen Lauschangriffs. Und schließlich sind auch unzufriedene Mitarbeiter eine gern angezapfte Quelle für vertrauliche Informationen über Forschungsergebnisse, Knowhow, Kalkulationen und Kundenstämme.
Was also tun? Um das Risiko für Informationslecks zu minimieren, riet Pollag zunächst zu einer sorgfältigen Datenanalyse. „Normalerweise sind es nur fünf Prozent aller Daten über ein Unternehmen, die nicht in fremde Hände fallen dürfen.“ Diese zu identifizieren und besonders zu schützen, sei ebenso wichtig wie ein guter Basisschutz des gesamten IT-Netzes. Vor allem gelte es, die Mitarbeiter zu schulen und zu sensibilisieren, denn auch ganz ohne böse Absicht könne Vertrauliches ausgeplaudert werden – zum Beispiel bei der Kommunikation in sozialen Netzwerken.
Das schlug die direkte Brücke zum Vortrag des Journalisten und Bloggers Matthias Lange. Er machte deutlich, dass kein Unternehmen es sich leisten kann, das gewaltige Potential des Internets für die Kommunikation mit den Kunden zu ignorieren. „Facebook hatte neun Monate nach seiner Gründung 100 Millionen Nutzer, inzwischen sind es 845 Millionen“, so Lange. „Wäre Facebook ein Land, wäre es das drittgrößte der Welt.“
Hier kann gezielt geworben werden, hier findet aber auch statt, was Kunden noch mehr beeinflusst als Werbung: das Empfehlungsmarketing. „Kunden glauben am ehesten den Aussagen anderer Kunden“, erklärte Lange. Die Bewertung von Produkten und Dienstleistungen auf Internetseiten wie Ebay, Qype oder Holidaycheck gewinne ständig an Bedeutung.
Diskussionen, die im Internet über Trends, die eigene Branche und erst recht das eigene Produkt geführt werden, sollten Unternehmen tunlichst im Auge behalten. Auch sollte man die Chance nutzen, sich am virtuellen Dialog zu beteiligen. „In Blogs können Unternehmen mit ihren Kunden diskutieren, können ihr Image verbessern, ihre Bekanntheit steigern und Mitarbeiter akquirieren“, erklärte der Social-Media-Experte. Voraussetzung dafür ist allerdings eine Umstellung der Gesamtkommunikation „von der Einbahnstraße zum Dialogmedium“.